23.04.2014 Vortrag: Weintransport

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Vorbemerkung: Fuhrleute reden nicht viel; das meiste noch mit den ihnen anvertrauten Kameraden, den Pferden. Mensch und Tier waren auf Gedeih und Verderb bei den Ferntransporten über die Alpen aufeinander angewiesen. Schreiben – sofern sie dessen mächtig waren – hassten sie dagegen, wie der Teufel das Weihwasser.

Diesem Umstand ist die spärliche Berichterstattung durch die Fuhrleute selbst  diesem Thema zuzuschreiben. Gleichwohl wage ich den Versuch, mich dem Thema zu stellen.

 

Die ausgetrunkenen Fässer „rollten von Polling wieder Richtung Tyrol“

Logik erklärt viel, aber konkrete Hinweise erhärten die Annahme: Die im Kloster Polling geleerten Fässer mussten (im Auftrag des Cellerars oder auch „Kellerer“ genannt) vorher „sauber gebuzt“ und dann bei den sog. „Hineinfahrten“  von den Weinkutschern wieder zum Pollinger Hof in Untermais mitgenommen werden. Der Cellerarius hatte auch den Auftrag, „das voriges Jahr zurückgelassene Weingeschirr soll er aufschreiben nicht vergessen, damit er sehen möge, ob noch alles gegenwärtig oder einiges abhanden gekommen?“ So steht es in den handschriftlichen „Anmerkungen eines Kellerers“, also dem Leitfaden des Cellerars für dessen jährliche Inspektionsfahrten.

 

Die Weinbereitstellung und Verladung

Der Wein wurde an Ort und Stelle, d.h. am klösterlichen Weingütl, dem Pollinger Hof in Untermais unter der Aufsicht des Klostercellerars gewimmt, gekeltert, vergoren und dann in die Transportbehälter „abgezogen“, streng getrennt nach Rot- und Weißwein, nach guten und weniger guten Lagen, nach aromatisierten Weinen (z.B.Rosmarin), Weinessig und Branntwein.

Doch schon vorher, während sich der Wein nach der Gärung noch „läutert“, solle der Baumann alle Geschirre, worin die Wein beym Abzuch müssen gefasst werden, etliche Täg nach einander in dem Hof nach der Reihe herlegen, alle ohne Ausnamm, wohl säubern und nachmahlens alle voll mit klaren Wasser anfillen und Techtlen lassen. Alle Tage fleißig nachsehen, welche rinnen: selbige an den rinnenden Arth accurat verstopfen und wieder auffillen und dieses solang, bis alle das Wasser genau halten. Herr Kellerer muß hierbey sorgfältig Aufmerksamkeit haben, sunst nachmahls beym herausführen des Weines großer Schaden entstehen. Gar alten Geschirren, sonderbar jenen, an welchen die Frösch stark beschädigt seyen, soll man nicht trauen, den auf so weiten und manchmal üblen Wegen könnte großes Unglück geschehen und ein solches Fass Wein ganzlich zu grund gehen“.

Dass seinerzeit so manch gutes Tröpfchen unterwegs „versickert“ ist, lässt sich also gut vorstellen.

Und nun zur Verladung der vollen Weinfässer auf dem Pollinger Hof in Untermais.

Die schweren Fässer (bis 500 u.m. kg) mussten auf einer „schiefen Ebene“ und viel Muskelkraft, z.T. auch mit Hilfe von Sailen und Pferden auf die Transportwägen gerollt werden. Ein gefährlicher Vorgang für Ladung und Verlader!

Als „Federung“ mussten Strohbüschel unter den Fässern herhalten. Im Südtiroler Weinmuseum in Kaltern ist diese Schutzmaßnahme heute noch zu sehen.

Auf einem Stich von Wening (um 1690) sind Weintransportwagen dargestellt, die jeweils 4 Fässer geladen hatten und bis zu 6 Pferden (nacheinander) vorgespannt hatten.

Aus Unterlagen des Klosters Benediktbeuern ist ersichtlich, dass eine Weinfuhre jeweils aus zwei Wägen mit insgesamt 12 Rössern und 3 Knechten bestand. Diese wiederum waren mit   8 Fässern und einer Transportmenge Wein von rd. 3.000 Liter beladen. Also etwas weniger, als auf der vorhin erwähnten Pollinger Ladungsliste.

Für Pollinger Verhältnisse scheint mir wahrscheinlicher, was der Historiker Peter Schwarz schreibt, nämlich, dass die Frachtwägen mit 2, 4 oder 6 Gespannen gezogen und eine Frachtlast zwischen 10 und 60 Zentnern zu tragen hatten. Wobei unter „Gespanne“ jeweils Pferdepaare zu verstehen sind.

Die Zinsweine aus dem Bereich Klausen mussten zu einer vereinbarten Transportstation (Gasthaus) in Klausen verbracht werden. Die Pollinger Fuhrleute nahmen dann die Fässer mit dem Zinswein mit auf den weitereren Transportweg nach Polling.

 

Und wie kam nun der Pollinger Klosterwein über die Alpen?

So war der nunmehr auf Transportwägen verladene Wein über die Alpen bis zum nach Polling zu bringen.

In den frühen Jahrhunderten wurde der Wein im Saumdienst transportiert: Pro Pferd 2 Lagl, a) 60 Liter, entspricht 120 Liter je Pferd (zu sehen im Weinmuseum in Kaltern).

Aus landesherrschaftlichen Zollbefreiungsurkunden wissen wir, dass dem hochlöblichen Kloster zum heiligen Kreiz zu Pollingen bis zu 80 Saumpferde-Transporte zustanden. Dies entspräche einer Menge von ca. 9.600 Liter Wein.

Die letzte, uns bekannte Zollbefreiungsurkunde stammt vom 10. Monatstag Augusti in siebzehnhundert sechsundachtzigsten, unserer Reiche des römischen dreiundzwanzigsten und des erbländischen im sechsten Jahre: Joseph der II., von Gottes Gnaden erwählter römischer Kaiser zu allen Zeiten, ausgestellt in der Kaiserstadt Wien, über eine Freimenge von 150 Yhren Wein (= 11.700 Liter, Meraner Maß).

Die Saumpferde wurden später von der „Carrada“, einem Weinkarren mit ca. 480 Liter Transportvolumen (zu sehen im staatlichen Weinmuseum in Kaltern) abgelöst, bis schließlich die schweren, eisenbereiften Pferde-Transportwägen mit etwa 1600 bis 2.000 Liter Transportmenge je Wagen zur Beförderung auf der „Weinstraße“ über den Brenner (ehemals Via Claudia) eingesetzt wurden. Ab Innsbruck und Mittenwald wurden die Wasserstraßen Inn und Isar von Flößern für den Weitertransport der Weinfässer (Klöster Tegernsee, Schäftlarn usw.) benutzt, wenn sie nicht –wie für Polling- auf dem Landweg über Partenkirchen, Murnau nach Polling kamen.

 

Bis in das 18. Jahrhundert hinein waren die scharwerkspflichtigen Bauern dem Grundherrn-Kloster zu Transportdiensten verpflichtet.

Siehe auch Andreas Otto Weber: Kloster Schäftlarn

Unregelmäßigkeiten, Verluste und jahrzehntelange Prozesse zwangen die Klöster (z.B. Ettal, Tegernsee, Benediktbeuren) schließlich dazu, die Transporte selbst zu übernehmen bzw. an gewerbliche Rottunternehmer zu vergeben.

Das Kloster Polling hat offensichtlich rechtzeitig genug die drohenden Probleme erkannt und den Transport in eigener Regie durchgeführt und auch gewerbliche Rottmeister damit beauftragt.

 

Der Durst war groß:

Erstaunlich , welche Mengen an „Welschwein“ da von Süd nach Nord transportiert wurden:

Aus den Wimmeth-Rechnungen vom Weingütl des Klosters Polling wissen wir z.B.:

  • Herr Kharner aus Mittenwald, gewerblicher „Rottunternehmer“,  lud am 7. November 1778 in Untermais 11 Fässl Wein, das waren 38 Yhrl oder rund 3.000 Liter) und traf am 19. November in Polling ein.
  • Anton Starf und Gregor Besl, hiesige Klosterfuhrknechte, luden am 8. November 1778 zwei Wägen voll und waren am 18. November am Zielort in Polling
  • In einem zweiten Transport holten Starf und Besl den restlichen Wein: Abfahrt in Polling am 23. November und Rückkehr am 9. Dezember (117 Yhrl und 1 Yhre Branntwein;
  • Die gesamte Weinmenge ist mit gut 12.000 Liter angegeben.

Aus einer Ladungsliste aus dem Jahre 1792 (angefertigt von Cellerar und Kellermeister Alois Gleich) ist festgehalten, dass bei einem Transport (mit 2 Wägen) 8 Fässer mit einer Füllmenge zwischen 160 und 430 Liter, insgesamt gut über 3.200 Liter, auf den Weg gebracht wurden.

 

Wann wurde transportiert? 

Wie vorhin bereits erwähnt, wurden die meisten Transporte im November und Anfangs Dezember durchgeführt. Aber auch hier gab es Abweichungen:

Die ersten Fuhren starteten (je nach Wimmethzeitpunkt) wohl schon Ende Oktober (Reifegrad Gärmost). Die Haupttransportzeit für den frisch vergorenen und schon geklärten Wein lag zweifelsfrei im Monat November bis Anfang Dezember.

Im Jahre 1771 transportierte der Rottmeister Kharner die 149 Yhrn Klosterwein (11.700 Liter) auf 8 Wägen gar erst im Monat Januar.

Das ausgeklügelte Verbundnetz unserer Klöster entlang der Transportwege

Zur Sicherung des Transportweges, zur Leistung von Vorspanndiensten und zur Versorgung der Transportmannschaften erwarb das Kloster Polling Bauerngüter im Eisacktal, Innsbruck-Wilten, im Inntal, in der Leutasch, von Mittenwald über Garmisch bis Polling.

Das Ganze war ein ausgeklügeltes System, wie es seinerzeit alle Klöster praktizierten. Die Klöster halfen sich – sofern sie nicht im Streit miteinander lagen – auch gegenseitig aus, insbesondere im gleichen Orden. So durften die Pollinger bei Bedarf z.B. in Bozen (Maria Heim) und Brixen (Augustiner-Chorherrnstift Neustift) anklopfen.

In Bozen und Klausen konnte noch der Wein von lehenspflichtigen Bauern zugeladen werden.

Urbare des Klosters Polling künden von Lehenspflichtigen u.a. im Etschtal, Matrei, Schönberg,

Telfs, Stams, Holzlauthen, Leutasch (mit sieben Lehenspflichtigen und inkorporierter Pfarrei).

 

Der gesamte Transportweg erstreckte sich von Untermais bis zum Weinkeller des Klosters Polling (das sog. Fehranwesen an der Längenlaicher Straße) auf gut 250 Kilometer einfach und war im Durchschnitt in schlechterem Zustand als unsere heutigen Wirtschaftswege, teilweise als sog. Karrenwege ausgefahren und führten über beschwerliche Steigungen über den Brenner und den Zirler Berg. Straßenunterhaltungsmaßnahmen mussten über zeitraubende landesherrliche Akte angefordert werden und erfolgten, wenn überhaupt, nach Klärung der Zuständigkeiten, Jahre später.

Wegen der z.T. sehr miesen Straßen besaßen die Transportwägen ein sehr stabiles Fahrwerk. Die Achsen waren aus massivem Buchenholz, die etwa mannshohen Räder über 10 cm breit und mit schweren eisernen Reifen gesichert. Die Speichen der Räder waren aus besonders hartem (Eichen-)Holz gefertigt, da man bergab nicht nur mit dem Hemmschuh bremste, sondern auch mit Ketten, mit denen man die Räder blockierte.

Besondere Schwierigkeiten erwartete die Fuhrleute im Winter, wenn Schnee und Glatteis das Durchkommen erschwerte und die schweren Fahrzeuge ins Rutschen kamen. Besonders gefährlich waren die Engstellen wie z.B. am Mittenwalder Gsteig oder am Plattele östlich von Kaltenbrunn.

Für steile Bergstrecken wie Brenner oder Zirler Berg wurden Fürsetzpferde benötigt. Von diesen Vorspanndiensten lebten wiederum viele Bauern, die eigens dafür Pferde hielten. Die Fürsetzer (in Tirol Praxer genannt), wurden von einer eigens bestellten Person, dem sog. Dorflehner, der Reihe nach aufgerufen und den Fuhrwerken zugeteilt. Diese mussten die jeweilige „Zuteilung“ auch akzeptieren.

Ebenso hatten Hufschmiede, Wagner, Sattler und Fassbauer an den Transportstrecken, insbesonders an den Etappenzielen ihre Kundschaft.

Füttern und Tränken, sorgsame Hufpflege, Behandlung kränkelnder Tiere mit allerley Hausmittel, Striegeln und Putzen der Pferde, Kontrolle und Ausbesserungsarbeiten am Zaumzeug, am Fuhrwerk und an der Ladung waren tägliche Pflichtaufgaben und erforderten einen frühen Tagesbeginn. Nur mit gesunden Pferden ließen sich die Tagesetappen von 20 bis 35 Kilometer – je nach Lademenge, Wegezustand, Steigungen, und Verkehrsstau bewältigen.         Über den Transportverlauf, besondere Vorkommnisse und dergleichen fanden sich in den mir gesichteten Unterlagen weder Hinweise noch Reiseberichte.

Und doch ist bekannt, dass sich an den Fürspannstationen, Engstellen und Steilstücken häufig lange Transportkolonnen bildeten und es oftmals Stau und Wartezeiten gab. Das Überholen von Fahrzeugen war entweder straßenbedingt nicht möglich oder als ungeschriebenes Fuhrmannsgesetz verpönt. Witterungseinbrüche insbesondere in den Wintermonaten taten ihr übriges. Die hohe Verantwortung des Fuhrmannes für Pferd und Transportgut, harte körperliche Arbeit, Pünktlichkeit (auch nach kurzer schwerer Nacht!), Erfahrung und viel Feingefühl beim Umgang mit Zöllnern, Aufschlägern und sonstigen Amtspersonen machten einen guten Fuhrmann ebenso aus, wie seine Trinkfestigkeit. Auch davon konnten wir uns beim historischen Weintransport 2003 von Meran nach Polling einen bleibenden Eindruck verschaffen. Also, kein Beruf für Zartbesaitete oder junge Himmelsstürmer!

Der Transport machte den Wein für die Klöster teuer!

Vorhin war bereits von dem Rottmeister Kharner aus Mittenwald schon die Rede. Dieser stellte für die auf 8 Wägen transportierten 149 Yhrn Klosterwein (ca. 11.700 Liter) in Rechnung:

 

  • Transportkosten pro Yhrn 5 Gulden und 15 Kreuzer, macht 707 Gulden. 15 Kreuzer*
  • Aufschläge an den Maut- und Zollstellen………………………..  267 Gulden
  • Anisgebühren für 42 Fass Wein………………………………………… 4 Gulden. 27 Kreuzer

1  Fass Weinessig…………………………………          2 Gulden. 15 Kreuzer

2  Obstkisten…………………………………………          ………….. 18 Kreuzer

1  Kistl Rosmarin…………………………………..          ………….. 12 Kreuzer

  • Mauthgebühren        ………………………………………………………..  9 Gulden.  48 Kreuzer
  • Visier- und Siglgeld   ……………………………………………………….. 3 Gulden … 4 Kreuzer
  • Steeggelder                …………………………………………………………. .   …………. 13 Kreuzer

In der Summe insgesamt………………………………… 1.069 Gulden 49 Kreuzer

* = 4      Kreuzer je Liter
= 5,5   Kreuzer je Liter

Aus den Rechnungsbüchern des Klosters Benediktbeuern geht hervor, dass eine Maß Weißwein aus dem Klostergut in Terlan einschließlich aller Kosten auf 18 Kreuzer kam. Im Vergleich dazu: Der Tageslohn eines Maurermeisters betrug 24 Kreuzer, ein Geselle verdiente 20 und ein Tagwerker 12 Kreuzer.

Ein bayerischer Eimer Wein (= 64 Liter) hatte seinerzeit einen Marktwert von etwa 15 Gulden. Auf einen Liter bezogen sind das rund 4,27 Liter/Gulden oder gut 14 Kreuzer.

Zusammen mit den Kosten für das Weingütl stand das „Unternehmen Wein“ für das Kloster Polling mit über 1780 Gulden im Rechnungsbuch des Jahres 1771. Beinahe so viel, wie für die berühmte Bibliothek im besagten Jahr ausgegeben wurde.

Unbeachtet dieser Kosten bestellte der Cellerar bei seiner Hineinfahrt bei der „Türkhin in Bozen gemeiniglich Mandl, Feigen, Zwiebeln, Thyrollerbrod, auch Tabak und noch von ain und anderem“, damit solche Waren die ersten Fuhren mit sich heraus nemmen mögen“. Genannt ist hier das Gasthaus zur Rosen, in der ehemaligen Fleischergasse, heute Laubengasse.

Trotz schwerer Arbeit: Fuhrmänner sind lustige Leut

Der Mittenwalder Chronist Josef Baader beschreibt die Fuhrleute als ein gläubiges, aber auch sehr lustiges Volk. Ihr Schutzpatron war der Hl. Christopherus. Sie aßen und tranken gerne. In den Wirtshäusern entlang der Handelsstraße waren sie die angenehmsten Gäste, ließen sie doch die Speisen und Getränke, ja selbst für die besten Weine, einiges aufgehen.

Das uns allen bekannte Fuhrmannslied soll aber aus dem niederösterreichischen stammen und ist vom Kiem Pauli als altes Liedgut wieder entdeckt worden:

 

In der Fruah, wann der Hoh macht an Krahra
Da heb i mei Köpferl in d`Höh
Ja, i bin halt a Fuhrmo, a schwara,
nimm d`Peitschn in d`Hand und schrei heh!
Und i schrei hü! Und i schrei ho!
Ja, i schrei allerwei wistahaho!

Und i hab zwoa kohlschwarze Rapperln,
san eigspannt in an Vierradler-Wagn.
I hab halt a Freid, wenn’s schö trapperln,
des kann i koan Menschn net sagn!
I schrei hü! Und i schrei ho!
Ja, i schrei allerwei wistahaho!

 Und i hab a bildsaubers Maderl,
is gschnitzt aus an oachana Holz;
und sie wascht von meim Wagn de vier Raderl,
Drum bin i auf sie gar so stolz.
I schrei hü! Und i schrei ho!
Ja, i schrei allerwei wistahaho!

 oder

Der Fuhrmann-Walzer (Volkslied)

Bin ich nicht ein lustiger Fuhrmann, he,
Fuhr Straße ’nein, Straße ’naus.
Wenn ich mit der großmächtigen Peitsche knall,
Guckt alls zum Fenster gleich raus.
Refrain:
|: Hott hü hol-la,
Ho-la hü, ho-la ho-la ho! 😐

2. Und wenn ich am Wege den Kretscham seh,
Steht’s Mädel schon vor der Tür:
Sie winkt mir von weitem zu, und sie ruft:
»Komm nur, ich warte schon hier!«
Refrain:

3. Und bin ich im Wirtshaus, da laufen gleich
Alle die Leute herzu,
Da muß ich erzäl’n und tu tischkerien,
Und alle hörn gern mir zu.
Refrain:

4. Da rauch ich mir lustig ein Pfeifl an,
Korn und Bier wird mir geschenkt.
Die Musik, die spielt mir ein Stückel auf,
Und’s Madel wird rumgeschwenkt.
Refrain:

5. Und wenn dann am Morgen die Sonn aufgeht
Über der Straße im Wald,
Da heißt’s: »Leb gesund, und auf Wiedersehn!«
Hört, wie mein‘ Peitsche schön knallt!
Refrain:

6. Ein Fuhrmann, das bin ich und will ich sein,
Weil’s mich an keinem Ort hält.
Und wenn mich nicht vorher der Teufel holt,
Fahr ich ans Ende der Welt.
Refrain:

Die in den Volksliedern idealisierte Fuhrmannstätigkeit hatte mit der Realität wenig gemein. Ihre Schlafstatt hatte die Fuhrleute oftmals im Stall, bei ihren Pferden. Ein Büschel Heu oder Stroh und eine Decke waren hier genug. Die nassen Kleider wurden meist im Rossstall zum Trocknen aufgehängt. Regenschirme oder wasserdichte Kleidung gab es nicht. Selbst lederne Fuhrmannshosen hielten der Nässe nicht stand. Wer sich noch an die schweren Umhänge und die Kniebundhosen, auch lange Hosen unserer Rosserer beim Historischen Weintransport 2003 erinnert, hat noch eine Vorstellung über die Gewandung der Weinkutscher.

Stolze, traditionsbewusste Gastwirte

Wer heute auf der alten Brennerstraße nach Südtirol fährt, sieht sie noch: die mächtigen, alten Transport- und Einkehrstationen. Viele stehen leer und warten auf eine bessere Nutzung
oder
die lebendige Familientradition hat sich auf die heutigen Ansprüche eingestellt.

So sind uns einige der Gasthäuser, die den Fuhrleuten Schutz, Unterkunft und Verköstigung boten, noch heute bekannt: So z.B. der Gasthof zur Post in Atzwang, Zum Goldenen Kreuz in Kollmann, der Kalte Keller kurz vor Klausen, die Goldene Krone und der Rote Adler in Sterzing, auf dem Brenner das Gasthaus Wolf-Brenner, in Matrei der Gasthof Zum Lamm, der traditionsreiche Gasthof Zur Post in Partenkirchen, der Angerbräu in Murnau. Die Gasthäuser Zum Stainbock in Steinach und Zirl räumten Ende des 20. Jahrhunderts ihre Plätze zugunsten von örtlichen Raiffeisenbanken.

Vorkommnisse abseits der Straße.             

Wieder zurück, zu den alten Transportzeiten. Der Augsburger Historikerin Alexa Gattinger taten es vor allem die Ereignisse abseits der Straße an. Zwar sei so gut wie nichts von Plünderungen und Raubüberfällen auf die durchziehenden Fuhrleute bekannt.

Dennoch wurde 1589 der Schlosser von Partenkirchen zu 5 Gulden Strafe verurteilt, weil er Durchreisenden und Einheimischen den Wein auf den Wägen angestochen und daraus getrunken hatte.

Die gleiche Strafe musste der Partenkirchner Hans Teuschl für das nämliche Delikt bezahlen.

1615 zapften 2 Flößer aus Mittenwald den ihnen anvertrauten Wein an, was über 9 Gulden kostete.

1629 musste der Metzger aus Partenkirchen die hohe Strafe von 10 Gulden löhnen, weil er dreisterweise einen Wagen Wein zu Mittenwald in einen Stadl gebracht, daraus etwas abgelassen, wieder mit Wasser abgefüllt und hernach in Bayern verkauft hatte.

Häufig wurde auch der Versuch unternommen, die Zollstelle in Mittenwald zu umgehen, was umso leichter war, als das Zollhaus nicht direkt an der Landstraße, sondern mitten im Markt lag und somit besonders nachts durch allerlei „Abweeg, und in spezie“ durch den Ehrwald umgangen werden konnte.

Für die Klosterweinfuhren war dies allerdings kein Thema. Man wollte sich nichts zu schulden kommen lassen. Im Gegenteil: Hier war schon der Cellerar angehalten, „den strengen Herrn Aufschläger ein Visit zu machen, ihm vom Propst ein Compliment zu vermerken, denselben auf ein Mittag- oder Nachtsuppen einladen, indem solches gebräuchlich und sehr vill nutzt. Diesen pflegt man dahero ain und anderes Schäffl Korn durch die Fuhrleit hinein zu schicken, bisweilen auch ein Rehbock“!

Diese „Aufwartung“ oder nach heutiger Empfindung „Bestechung“ war auch bei den Zollstellen in Bozen, Zirl und Scharnitz üblich. Auch sie freuten sich über einen klösterlichen Rehbock und man übersah dann wohl auch manch mitgeführte, aber verbotene Ware (z. B. Tabak o.ä.) bei der Kontrolle.

Abseits der Straße, ein ziemlich gefährliches Pflaster

Die genannte Historikerin berichtet aber auch von „allerlei haillos und liederlichem Gesindel“, die entlang der Via Claudia umherzogen.

Nichtsesshafte wurden als Bedrohung für die Gesellschaft empfunden und des Diebstahls oder der Seuchenverbreitung verdächtigt. Immerhin zählten im 18. Jahrhundert etwa 10% der bayerischen Bevölkerung als sog. Vaganten.

Prof. Dr. Dr. Heydenreuther berichtet in seiner Kriminalgeschichte Bayerns: Gartende Knechte und starke Bettler waren im 16./17. und 18 Jhd. ein Problem der Sicherheit auf dem Lande. Mit Landverweisung, Güterkonfiskation und leiblichen Strafen bis zur Todesstrafe versuchten die landesherrlichen Gerichte diesem schädlichen Treiben zu begegnen. Allein, die Abschreckung war unbefriedigend.

 

1609 wurde eine junge starckhe Manns-Persohn in Garmisch beim Betteln ergriffen und verhaftet. Er konnte nicht recht deutsch und war zudem Franzose.

1629 fingen zwei Italiener, die ihre Pferde durch Partenkirchen trieben, mit dem Wirt einen Streit mit Degen und Pistolen aus, was sie schließlich ganze 40 Reichstaler Bußgeld kostete.

1696 hören wir gar von dem herumstreichenden Landtfahrergesindl Sebastian und Georg Haillandt und ihren complices, denen ihre schädliche Lebensweise und Räuberei von mehreren hundert Gulden sowie anderen Gegenständen vorgeworfen wurden. Unter der Folter u.a. mit anhengung der stain, oder gewichter, an jedem Fuß 25 Pfund schwer wollte man ein Geständnis erzwingen, welches sie bislang aufgrund ihrer Halsstarrigkeit und beständigen Leugnens abgelehnt hatten. Die Folter sah man dabei als legitimes Mittel zur Wahrheitsfindung.

 

1733 verhörte der Pfleggerichts-Amtsknecht auf der Wang Blasy Schürkhover, ain  vagirente Manns Persohn neben seinem Eheweib, dann weithers aine Weibs Persohn mit deren Techterl. Es handelte sich um Arme, die sich durch Kleinwarenhandel und Betteln am Leben erhielten. Sie befanden sich auf dem Weg nach Süden und hofften auf die Erlangung eines Reisepasses im Werdenfelser Land.

Auf der zu Ettal gehörenden Seite des Steinernen Brückls wurde 1720 eine Strafsäule für Zigeuner und Räuber errichtet mit der Aufschrift (in Richtung Oberammergau):  Closter Ettal, Landgericht Murnau, während in Werdenfelser Richtung ein Hochgericht oder Galgen, mit ainem darunter hangenden Körper , Laitter und Scharpfrichter, dan aine Köpfstatt mit der Unterschrift Straff der Zigeüner und Rauber zu lesen war.

Und nun zum Schluss:

Dieses und noch „vill“ mehr könnte ich heute Abend berichten. Um einer drohenden Folter oder gar dem clösterlichen Galgen durch überstrapazierte Gäste zu entgehen, beende ich an dieser Stelle meinen Bericht, bedanke mich höflichst für die große Geduld und Aufmerksamkeit der Dämmerschöppler mit einem „Wohl bekomms“ und einen löblichen Schluck auf die vergleichsweise friedfertige, neue Pollinger Weinzeit.

 

Euer Weinbruder

Franz Vielhuber

Quellen:

• Bayer. Hauptstaatsarchiv München, Wimmethrechnungen, Anmerkungen eines Kellerers, Landhuter Abgabe; Handschriftliche Auszüge F. Vielhuber;
• Via Claudia, Stationen einer Straße, Schriften des Freilichtmuseums Glentleiten;
• Weingüter bayerischer Prälatenklöster in Südtirol, Dr. Dietmar Stutzer;
• Kriminalgeschichte Bayern, Prof. Dr. Dr. Heydenreuter;
• Das leibhaftige Liederbuch, Walter Schmidkunz;
• Andreas Otto Weber, Transportleistungen im Alpengebiet;

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