08.03.2017 Vortrag: Postfaktisch – Ötzi in Polling

Unsere Kellergäste sind bildungshungrig, ja wissensdurstig…. ‚Postfaktisch‘ wurde von der Gesellschaft für die deutsche Sprache zum Wort des Jahres 2016 gekürt. Postfaktisch heißt: das was hinter dem Faktischen, also den erwiesenen Tatsachen steht, was darüber hinausgeht, eher gefühlsbezogen und damit auch eher individuell interpretierbar ist. Neuerdings gibt es in diesem Zusammenhang auch die Begriffe ‚alternative Wahrheit‘ (geprägt im Umkreis der Trump-Gilde) und (engl.) ‚Fake News‘, also Falschmeldungen.
Unsere Bundeskanzlerin lieferte eine einfache Erklärung des Begriffs. Sie hat festgestellt: „Es heißt ja neuerdings, wir leben in postfaktischen Zeiten. Das soll wohl heißen, die Menschen interessieren sich nicht mehr für Fakten, sie folgen allein den Gefühlen.“
,Ich möchte das am Beispiel Ötzi, der mich immer schon fasziniert hat, verdeutlichen und zudem einen interessanten und überraschenden Bezug zu Polling aufzeigen.
Zunächst jedoch in aller Kürze das Faktische. Nachzulesen in Internet, Museum, Literatur;
Vor 25 1/2 Jahren (Sept. 1991) wurde Ötzi vom Ehepaar Erika und Helmut Simon aus Nürnberg gefunden, am Tisenjoch (zw. Schnals- und Ötztal) in 3210 m Höhe.
Es folgte ein politischer Streit darüber, wem Ötzi überhaupt gehört – er lag an der Grenze zwischen Österreich und Italien, 92,56 m von der Grenze zu Österreich entfernt, wie man erst 2006 feststellte, Ötzi gehört also Italien.
Es folgte ein Finanzstreit der Finder mit dem italienischen Staat. Er wurde erst 2010 geschlichtet: 175.000 Euro Finderlohn für das deutsche Ehepaar.
Tatsächlich verbindet das Tisenjoch das Schnalstal mit dem Ötztal. Der Streit um die Verwertung von Ötzi wurde beigelegt und Orte aus beiden Ländern kooperierten, bildeten grenzüber-schreitende Delegationen, errichteten Ötzi-bezogene Einrichtungen, z.B. archäologische Freilichtparks.
Der Ort Umhausen nennt sich das Ötzi-Dorf und ist führend in der Präsentation des steinzeitlichen Lebens in allen Facetten. Man organisiert dort Veranstaltungen, die teils sehr seriös und wissenschaftlich anspruchsvoll sind, aber auch Marketing und Tourismus nicht vernachlässigen, die sich an die breite Bevölkerung richten, z.B. themenbezogene Wanderungen, Lesungen, populärwissenschaftliche Ausstellungen, bis hin zu Bogenschießen, Feuermachen, sich in Felle kleiden, Klangwanderungen durch die Ötzi-Region, pseudosteinzeitliches Herumhüpfen.
Feststellungen:
Der Fund selber: 1,54 m große Mumie, 13 kg schwer
Alter des Funds: Mithilfe der Radiokohlenstoffdatierung wurde der Todeszeitpunkt des Mannes auf die Zeit um 3200 v.Chr. bestimmt, das Alter der Mumie beträgt somit ca. 5200 Jahre.
Übrigens: die Pollinger Siedlungsfunde sind älter (ca. 3800 v.Chr). Ötzi-Fund hat die Benennung der Erd-Zeitalter verschoben, von Jungsteinzeit auf Kupferzeit
Zu Lebzeiten war der Gefundene .160 cm groß, 60 kg schwer und er wurde ca. 50 Jahre alt.
Medizinische Erkenntnisse:
Er hatte Blutgruppe 0 / Seine letzten Mahlzeiten waren Ziegenbockfleisch, Einkornbrei und Gemüse / Gefäße waren verkalkt / er hatte Zahnlücken und Karies, aber keine Weisheitszähne / muss Bauchweh gehabt haben (Keim helicobacter pyloris) / machte sich Holzkohle-Einreibungen (die wie Tätowierungsschnitte aussahen) litt an Laktoseintoleranz, Borreliose, hatte körperliche Verschleißerscheinungen, . Ötzi hatte wohl dunkle, gelockte Haare, offen und schulterlang…….
Die Klamotten wurden mittlerweile zweifelsfrei bestimmt.Zur Kleidung der damaligen Zeit habe ich einen Extra Bildbogen mitgebracht, den ich Euch später zur Verfügung stelle.
Solche ein Fund war wirklich eine Sensation. Da kann es in der Hektik nicht ausbleiben, dass auch Fehler passiere. Deutlicher: Sowohl bei der Dokumentation als auch im Labor wurde geschlampt:

Die Eisleiche wurde am 23. September 1991 durch das Institut für Gerichtsmedizin der Universität Innsbruck geborgen. Da die Bedeutung der Leiche nicht sofort erkannt wurde, ereigneten sich einige Pannen:
 Der Polizist, der am Entdeckungstag die Eisleiche aus dem Eis befreien wollte, beschädigte mit Pickel und Presslufthammer Ötzis Hüfte.
 Vier Tage später verpackten Polizisten die Leiche und die dabei liegenden Fundgegenstände in einem Plastiksack. Weil der Bogen für den Sack zu groß war, wurde er zerbrochen.
 Der Bestatter in Vent brach Ötzis Arm, um ihn in einen Sarg legen zu können und in die Gerichtsmedizin nach Innsbruck zu bringen.
 Röntgenologen der Uni Innsbruck übersahen eine Pfeilspitze in der linken Schulter.
 Der Gerichtsmediziner war geneigt, die Leiche zur Bestattung freizugeben, da bei alten Leichen kein Mörder am Leben und juristisch zu belangen ist, ehe der Prähistoriker Konrad Spindler von der Universität Innsbruck informiert wurde.
 Auf die schlimmste Panne komme ich dann am Schluss zu sprechen.
Das war der faktische Teil.
Sehr üppig wurden die letzten Stunden Ötzis ausgeschmückt. Theorien: Hirte sei er gewesen, er sei auf dem Berg feierlich bestattet worden, er habe dort oben Suizid (eigenen Opfertod) vollzogen, er sei als Schamane unterwegs gewesen, um bes. Pilze zu suchender sei ein Opfer der mystischen Figuren der im Hochgebirge lebenden Saligen-Frauen.
Wir spüren: Man sehnt sich nach eine Brücke in das Nüchterne, Nachprüfbare hinaus ……
Als Beispiel für diese Sehnsucht hier die Aussage von einer der ersten Besucherinnen am Fundort: „Er war schön. Wie er da lag. Kaum noch mit Schnee bedeckt, wirkte er wie jemand, der aus dem Eis kriecht. Die Situation eher wie eine Geburt als wie ein Tod.“
Hier beginnt die postfaktische Betrachtungsweise.
Meine postfaktischen Betrachtungen zu Ötzi: Sie sind – wie könnte es bei einem so sensiblen Menschen wie mir anders sein? – anthropologisch gefärbt. Mich würde also das Wesen von Ötzi interessieren, seine vielfältigen Gefühls-, Denk-, Erfahrungs- und möglichen Verhaltensweisen.
Vielen von Euch geht es sicher genauso. Zum Beispiel:
– Welcher Vorname zierte ihn?
– War er verheiratet und trotzdem deswegen glücklich?
– Hatte er Angstzustände?
– War er politisch tätig?
– Welche Lebensphilosophie hatte er?
– Würde (im Keller hier) seine heimatliche Lieblingsspeise, das Vinschgerl, genießen können?
– Würde er unser ‚Prost‘ richtig interpretieren? – Ich bin sicher, er würde es bald lernen!
Wir spannen einen Bogen in die Gegenwart:
Welches Verhalten würde Ötzi bei uns an den Tag legen? Würde er – unseren Keller erst gar nicht betreten, wegen des Brüllens und Grölens wilde Tiere vermuten!?
– herein huschen und sich möglichst unauffällig zur Resi hindrücken?
– sich gleich unter den Schutz der Großfamilie von Heinz und Rita begeben?
– beim Anblick des Reblaus-Damentischs schüchtern und errötend wie ich die Augen senken?
– die Nähe der Lotte suchen, weil sie einen so fürsorglichen Eindruck signalisiert?
– die Hannelore in einen Diskurs über die besten Speckknödel verwickeln?
– den Thomas um sein Bäuchlein beneiden, um dann festzustellen, dass ihm selber ein solches
auch nicht das Leben gerettet hätte?
– Gerda bedauern, dass sie den ganzen Abend in der Ecke des Weinkellers stehen muss?
– der Heide zuflüstern, dass es noch Schlimmeres gibt als aus Lübben im Spreewald zu stammen?
– den Erwin daran hindern, einen Apfelstihl anzuzünden?

Nun aber das wirklich Sensationelle, das Postfaktische, das auch auf Versäumnissen der Wissenschaftler beruht. Was allein ich kenne, das ich Euch aber heute exklusiv anvertraue:
Todesursache war ja ein tödlicher Pfeil. Ich allein untersuchte Ötzis Köcher und fand einen Teil der Vorgeschichte dort eingeritzt (seinen Tod natürlich nicht mehr …). Daraus lässt sich ersehen:
– Ötzis Ehe war am Ende.
– Er denkt sich: wenn ich schon in der Jungsteinzeit lebe, such ich mir auch eine junge Frau!
– Er erinnert sich an seinen Ur-Großvater, der aus Polling stammte und ihm oft sagte, dass dort
– in der schon etwas älteren Neolithikum-Siedlung – hübsche, gescheite, liebe, fleißige Madl leben,
besonders beim Hof am Tuff ( daraus wurde später der Stamm der Tafertshofer).
– Ötzi macht sich auf nach Polling, findet dort auch ein ideales Madl ,sogar aus der besagten
Familie. Traute hat man sie genannt. Aber Ötzi war ziemlich ungestüm und hat sie praktisch
entführt. Da hat er aber nicht mit dem Freund der Traute gerechnet …. („Du dahergelaufener
Halbitaliener, langhaariger, gleich kriegst an Arschtritt, dass es dich über drei Gletscher haut“,
hat der Freund geschimpft). Der Ötzi bekam Angst und flüchtete. Letzte eingravierte Botschaft:
„Der Freund von der ‚Traute verfolgt mich.“ Der hat ihn dann im Hochgebirge erwischt und
eben mit dem Pfeil erschossen.
– Und siehe da: Ich (nicht die Wissenschaftler!) finde auf dem Pfeil das Logo des Bogenschützen-
vereins Polling. „GIGERWI“ ist daneben eingeritzt. Aber das war wohl nicht der Vereinsname.
Ich entdeckte dann einen letzten Buchstaben N im Logo verborgen – GIGERWIN, um schließlich
einen 3. Buchstaben zu entziffern, ein L. Also letztlich „GILG ERWIN. Damit ist erwiesen:
Ein Gilg Erwin war der Täter. Nein, nicht unserer, sondern natürlich ein extrem früher Vorfahre
von ihm!!! So, jetzt ist das Geheimnis raus, das postfaktische.
Aber nochmals zu Frage, was Ötzi hier bei uns tun würde. Er würde sich zu meiner Frau setzen und sie fragen, ob ihr Richard sonst auch so anthropologisch angehaucht ist, und nachdem diese verneint hat, würden sie beide wahrscheinlich sagen: „Richard, jetzt reicht’s mit dem Schmarrn!“ – und, so wie ich es von daheim gewohnt bin, würde ich auch sofort folgen und höchstens noch anfügen: Ötzi, wir besuchen dich im Archäologischen Museum Bozen.

Richard Maier