Der Wein und die Frauen – Studie und Historie
Beitrag beim Dämmerschoppen der Pollinger Wein GbR am 9. Juli 2014
von Richard Maier
Eine kürzlich veröffentlichte internationale repräsentative Studie hat zum ersten Mal das Konsumverhalten von Frauen bezüglich Wein untersucht. Hier kurz die Ergebnisse (beschränkt auf sechs Kriterien) im Einzelnen:
Häufigkeit des Konsums: Sechs von 10 Frauen sagen, dass sie mindestens einmal in der Woche Wein trinken. Nach den USA mit 92,5% liegt Deutschland mit 66,1% an zweiter Stelle. In Deutschland nimmt der Weinkonsum im Alter über 45 ab, international ist es umgekehrt.
Information über den Wein: 58,7% der deutschen Frauen folgen Empfehlungen von Angehörigen und Freunden, 41,7% entscheiden eher allein. International ist es nicht viel anders, aber der Weinhändler bzw. Sommeliers spielt dort eine größere Rolle.
Auswahlkriterien: Für die deutsche Weinliebhaberin ist die Herkunft des Weines entscheidend (65,3%), danach folgt die Rebsorte (57,6%) und schließlich der Preis (35,7%). International steht für 56,7% der Frauen der Preis an erster Stelle – allen voran in Japan, England und USA – gefolgt vom Herkunftsland und der Traubensorte.
Einkaufsquelle: Die deutsche Weinkonsumentin kauft lieber im Fachhandel (56,4%) als im Supermarkt (49,6%). Erstaunlich viele der Befragten in Deutschland (fast 50 %) kaufen direkt beim Weingut. Die Präferenz für den Fachhandel ist in den anderen Ländern noch stärker ausgeprägt.
Vorlieben: Rot vor weiß. Unter allen befragten Frauen bevorzugen 60,1% Rotwein, 33,7% Weißwein und 6,2 % Rosé. In Deutschland trinken 52,2% der befragten Frauen Rotwein, 44,4% Weißwein und 5,6% Roséwein. In den USA und international ist die Vorliebe für Rotwein noch verbreiteter.
Anlass: Das Essen (71,2%) und der Abend im Freundeskreis (68,6%) sind Anlässe, die in allen Ländern mit Wein in Verbindung gebracht werden.
Nach diesen trockenen statistischen Werten und Erkenntnissen muss ich bei dem Thema ‚Wein und Frauen‘ auf einen gravierenden Vorfall zurückkommen und eine Rüge erteilen:
Unser GbR-Geschäftsführer Franz Vielhuber antwortete in der Sendung von ‚München-TV‘ über Polling am 20. Januar 2014 auf entsprechende Frage der Reporterin Marion Schieder: „Frauen dürfen im Pollinger Weinkeller auch dabei sein, wenn sie sich anständig aufführen“.
Das könnte doch so aufgefasst werden, dass es hier schon unschöne Verhaltensweisen gab. Die Entrüstung über diese Aussage von unserem sonst so vorsichtig abwägenden Franz war groß. Denn es gab am Verhalten unserer weiblichen Besucher wirklich nichts zu beanstanden. Ganz im Gegenteil!
Wie es zum Teil früher zuging zeigt ein Blick in die Historie.
Mitte des 13. Jahrhunderts beklagt Berthold von Regensburg, ein Franziskaner- Prediger, dass die „frouwen“ mächtig am „ezzen und an trinken waren„. Es sei ja nun Mode geworden, dass sie sogar noch das „houbet“ vertrinken. (Houbet = mhd. für Haupt, d.h. dass sie ihre Sinne vertrinken!!)
Ein anderer Zeitzeuge notiert: „Morgens, bevor die Frauen zum Markt oder in die Kirche gehen, trippeln sie zur Trinkstube.“
15. Jh: Magister Laukard aus Mainz, der in den Weinregionen herumkam, stellt im Jahr 1443 fest: „Alle Frauenzimmer trinken Wein und viele dergestalt, dass sie Mannspersonen darin übertreffen.“
In der Neckarstadt Heilbronn erlässt der Rat ein Dekret „Den Weibern, so dem Trunckh ergeben, sollen vom Stadtknecht Zettel an den Kopf geheftet werden mit den Worten
,versoffene Krugsurschel‘.
Der Schriftsteller Aegidius Albertinus stellt ratlos fest, dass es keinen Sinn macht, den Frauen das Bechern zu verbieten. „Gestattet man den Frauen aber ihren Willen zu trinken nit, so lassen sie ein langes Kühmaul hengen und geben dem Mann die gantze Woche kein guts Wort.“
In Nürnberg gibt es eine Verordnung, wonach die Frauen der Winzer den Weinkeller nicht betreten dürfen, selbst dann nicht, wenn der Herr Gemahl sie begleitet.
17. Jh: In Schwäbisch Hall gibt es einen Vermerk aus dem Jahr 1640, wonach „Maria Ehrhardts, Bürger allhier“ so sturzbeschwipst gewesen sei, dass sie ,Wein und Speiß“ wieder von sich gegeben habe.
Offenbar greift die Gleichberechtigung am Weinglas um sich. Man erzählt sich Beobachtungen aus Lübeck, wo angesehene Bürgersfrauen abends in öffentliche Weinstuben gehen, das Gesicht hinter einem dichten Schleier.
18. Jh.: Anno 1737 erscheint aus gegebenem Anlass die Schrift: „Über die Trunckenheit der Frauen, ein erschröckliches Tractatum von der Schändlichkeit lockerer Sitten.“
In Augsburg , heißt es in historischen Protokollen, dass Frauen bei öffentlichen Weinfesten mit Messern aufeinander losgegangen sind, infolge übermäßigen Trinkens. Und zwar trinken arme Frauen und reiche, Frauen aus Hütten und aus Schlössern.
Fortschrittliche Gemeinden veranstalten sogar Frauennachmittage. Da wird gemeinsam und quasi unter Aufsicht getrunken. Im Rathaus zu Ochsenbach (Baden-Württemberg) treffen sich 1790 „nach uralter Gewohnheit“ Frauen auf einen oder mehrere Schöppchen Wein. Der Herr Bürgermeister macht den Kellner, die Frauen trinken aus stattlichen Krügen, die Gemeinde zahlt alles.
Ein Reporter notiert: „Wenn sie genug gezechet haben oder der Vorrath alle ist, so gehen sie, wenn sie können, oder taumeln nach Hause oder die Männer holen ihre Frauen mit der Kutsche oder mit dem Schubkarren ab“.
Diese Rückschau sollte ausreichen um zu beweisen: Das Verhalten unserer Frauen hier im Keller kann in keiner Weise kritisiert werden. Ganz im Gegenteil! Deswegen wird zum Schluss – sozusagen als ‚Reue‘ für seinen Halbsatz (und das ist ihm hoffentlich ein Bedürfnis) Franz Vielhuber. eine Ode, also ein Loblied, auf die Frauen vortragen:
Lieber guter Frauenversteher Richard;
pflichtschuldigst und reumütig, opferbereit und innbrünstig nehme ich die mir auferlegte Buße an und mache die Worte von Maurice Zermatten zu meinen eigenen:
ODE AN DIE FRAUEN von Maurice Zermatten (1910-2001)
Glaubt es, Ihr Frauen,
der Wein passt wunderbar zu Euch!
Im Weißen spiegelt sich
der klare Glanz Eurer Augen,
im Roten die geheimnisvolle Tiefe Eures ewig rätselhaften Herzens.
Eure Nase und Zunge sind empfindlicher als Nase und Zunge des Mannes.
Ihr erfasst den Duft feiner
und unterscheidet den Geschmack besser.
Darum gilt zu Recht:
Die Frauen und der Wein – welch königliches Paar.
Ein nachdenklicher Franz Vielhuber meint dazu:
Gleichwohl, Zweifel martern mein Herz, sollte mich die bewusste Frage von Marion Schieder (die Redakteurin von München TV) noch einmal erreichen.
Gebietet mir dann die Hochachtung vor dem weiblichen Geschlecht, alle Frauen dieser Welt in unserem Keller gar mit verheißungsvollen Augen willkommen zu heißen? Sie sozusagen in Gedanken in unsere gute Kellerstube herunter zu tragen?
Oder erlaubt es mir mein Gefühl für Treue und der Blick zum unlösbaren Konflikt mit der Beengtheit hinter diesen ehemaligen Klostermauern, vorweg die treuesten, liebsten, holdigsten, hübschesten Lieblichkeiten dieser kleinen Welt (nämlich Euch) zuerst an unsere mannhaft-ritterliche Seite zu wünschen?
Flüstert mir`s gar laut mit William Shakespeares Worten “Was ihr wollt” ins Ohr: So will ich eifrigst danach trachten!
Euer ganz und gar untröstlicher Weinbruder Franz II